O Wanderer an der Schwelle unseres Hauses, hab keine Angst, denn du hast nichts zu befürchten. Lasse alle Zweifel hinter dir, das Herz trifft die Entscheidungen, die Klinge vollendet sie. Lasse deine Vergangenheit zurück, denn du sollst neu geboren werden. Hier unterweisen die Götter des Krieges die Sterblichen. Komm herein. Werde den Göttern gleich.

Innschrift über den Toren der Zitadelle

 

Lange vor der Entstehung der verfeindeten Imperien Sadar und Valor, Jahrhunderte vor der Gründung der Republik Tart, während der Großen Kriege, schworen Menschen und Drachen einander ewige Freundschaft. Sie haben geschworen, dass ihre Körper und Seelen im Kampfe gegen das Böse vereint sein werden und dass die Völker der Menschen und der Drachen nie verfeindet sein sollen.

So wurde das erste Mal das Wort der Verschmelzung gesprochen, so kamen die Drachenritter in die Welt Adan.

Jahre vergingen, hunderte Eide und Versprechen wurden von Menschen und Drachen gebrochen. Beiden Völkern ist Faulheit, Feigheit, Tücke eigen. Die Menschen drängten die Elfen zurück, die Drachen nahmen den Dedairen mit Stärke und List ihre wertvollen Erfindungen. Viele Verträge wurden mit Schwertern der Menschen und den Klauen der Drachen neu geschrieben. Es gab auch viele abgebrannte Paläste, gestürzte Throne und geraubte Frauen.

Dich der Schwur unter Mensch und Drache blieb unangetastet. So fest war der Bund wie die Mauern der beiden Schlösser, die die Drachenritter erbaut hatten, den Horsten des West- und des Ostflügels. In der Sprache der Drachen hieß die Westzitadelle Tor-Gaet, die Zitadelle des Ostens Tor-Radan.

Jeder Mensch, der auf Tart geboren wurde, wusste: Jenen, die sich unsterblichen Kriegrruhm suchen und die Schatten des Bösen über der Welt nicht dulden können, steht es frei, sich nach Ost oder Wet zu begeben. Hinter den Mauern der Horste wird er die Worte des Alten Eids sprechen und die geheimen Pfade der Meisterschaft kennenlernen. Dann wird er zu einem Drachenritter, einem der Hüter der Welt.

Die Zeiten der Großen Kriege sind vorüber. Am Tag des Zorns wurde die Götter Schaabs erneut eingekerkert, mit ihnen verschwanden auch die "Gebieter der Leere" im Nichts, die Tangoren. Eine Zeit des langen Friedens brach an, die Drachen verließen Adan. Beide Horste waren leer, der vergangene Ruhm der Drachenritter geriet nach und nach in Vergessenheit.

Doch der Friede konnte nicht ewig währen. Die Intrigen und der Streit unter den Völkern veernichteten die einst mächtige Republik Tart von Innen heraus. In den Flamen des Bürgerkrieges wurde zwei neue Reiche der Menschen geboren: Sadar und Valor. Der tag konnte nicht mehr fern sein, da das alte Übel in neuer Gestalt zurückkehren sollte.

Doch mit ihm zusammen kamen auch die Hüter des Dasein zurück, die Drachen.

Die Sechs Älteren nisteten im neuen Drachentempel, in der Gegend des Gebirgszugs Kmer. Der alte Tempel wurde von den Kreaturen der Verderbnis zusammen mit der alten Hauptstadt zerstört. Die Jüngeren Drachen verteilten sich, wie in alten Zeiten, über die Territorien der verfeindeten Imperien und schon bald war es um den Frieden unter den Drachen genau so geschehen wie um den der Menschen.

Es wird wohl wahr sein, dass die Schöpfergötter die Seelen der Menschen und der Drachen aus dem gleichen Lebensspendenden Feuer geschaffen hatten.

Die Sadarer und Valorianer bemühten sich, die alte Größe der Drachenritter wieder auferstehen zu lassen. Das Schloss Tor-Radan, einst zerstört von Tauren-Nomaden, wurde wieder aufgebaut und hieß von da an "Zitadelle der Kriegskunst". Sein Zwilling, Tor-Gaet, hatte mehr Glück. Die Mauern waren nur dem Zahn der Zeit ausgesetzt gewesen. Darum öffnete die valorianische Akademie des Krieges ihre Tore etwas früher, doch nicht so viel früher, als dass Valor einen strategischen Vorteiil davon hätte haben können.

Die Zitadelle Radan verdankt ihre Wiedergeburt vor allem einer Lebenden Legende, dem Drachenritter namens Krimm. Heute trägt dieser vielgerühmte Krieger den Titel eines Kronenlegats und eines Ersten Ausbilders. Gemeinsam mit seinem Drachenbruder, dem roten Drachen Melest, erhielt er für Tapferkeit an den Grenzen Sadars bereits die höchsten Auszeichnungen aus den Händen von zwei Imperatoren. Seit nun schon zwanzig Jahren empfangen Krimm und Melest bei Sonnenaufgang künftige Drachenritter an den Toren der Zitadelle.

Sie nehmen den Rekruten den Eid ab, bilden sie in den Grundlagen der Kampfkünste aus. Die Statuten der Drachenritter von Sadar dauert die Ausbildung der künftigen Beschützer des Imperiums zwölf Jahre und ist in vier Stadien unterteilt.

Drei Jahre der Erkenntnis unterscheiden sich für den jungen Ritter in nichts vom Leben eines einfachen Rekruten. Er marscheirt auf dem Platz, erprobt seine Kräfte in der Arena der Gebrochenen Zähne, schrubbt den Boden der Kaserne, trägt die Depeschen der Ausbilder zum Ikarimboten Asachi, reinigt die Rüstungen der älteren Kämpfer und pflegt ihre Drachen.

Drei Jahre der Lehre bringen in das Leben des Novizen zusätzliche Belasungen und Prüfungen. Erschöpfende Märsche unter sengender Sonne oder strömendem Regen. Stundenlange Waffenübungen. Gnadenloase Ausbildung im unbewaffneten Kampf der Menschen und anderer Vöölker, darunter der Elfische "Tanz der Zweige", das dedairische Ringen Skomm-Rag und natürlich die legendären "Elf Klauen des Drachen". Diese Kampfkunst, die die Drachen für ihre menschlichen Verbündeten ausgearbeitet haben, ist im feindlichen Valor beinahe in Vergessenheit geraten und ist zu Recht der Stolz der Zitadelle von Sadar.

Die darauf folgenden drei Jahre der Treue verbringt der Krieger bei einem der Drachenritter. Diener, Page, Knappe, schläft und isst er auf Befehl des älteren Kameraden oder seines Drachen. Sadars Statuten schreiben dem Ausbilder vor, dem künftigen Ritter ohne Nachsicht zu begegnen und notfalls Strafen jeder Schwere zu verhängen. Für die von Geburt an stolzen Sadarer ist dies der wahrscheinlich schwerste Teil der Ausbildung.

Drei Jahre des Blutes, die die Ausbildung abschließen, zeigen dem Lehrling der Helden den echten Krieg. Gemeinsam mit den regulären Einheiten der Armee Sadars nimmt er teil an Operationen zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Der künftige Ritter muss wissen, wie Infanterie und Artellerie arbeiten, wie Sappeure und Kundschafter vorgehen, die Mannschaften der Kampfmaschinen und selbst die Feldküchen. Vor ihm werden die Geheimnisse der Erstürmung von Festungen und der Belagerung von Städten ausgebreitet, die trügerische Stille nächtlicher Hinterhalte und der Schrecken nächtlicher Luftangriffe. Er gewöhnt sich daran, dass bei den vier Soldaten, die am Lagerfeueer sitzen, alss Fünfter stets der Tod dabei ist.

Am Ende des zwölften Jahres kehren die Jungen des Drachenhorsts in die Zitadelle zurück. Kraft der ihm vom Imperator verliehenen Macht weiht sie der Erste Ausbilder zu Drachenrittern der Ersten Stufe. Doch dies ist noch nicht das Ende ihrer Ausbildung. Noch lange werden die jungen Ritter die Mauern Radans nciht verlassen können, um Sadar zu dienen und seine Weiten zu durchstreifen.

Vor ihnen liegt die wichtigste Prüfung, das Gericht der Drachen. Darüber steht in den Statuten nichts, selbst Kronenlegat Krimm wird hier mit Ratschlägen geizen. Die Geflügelten Verbündeten der Menschen entscheiden, wer die Hallen der Drachen betreten darf, um einen ihrer Erstgeborenen zu Kampfgeschwistern zu erwählen. Nur diejenigen, die diesen Weg bis zum Ende gegangen sind, werden wahrlich zu einer Klinge Sadars, zum Funken der Ewigen Flamme, der Hoffnung des Imperiums, zu einem Drachenritter.

Drei Dinge nehmt mit auf euren Wegen. Ein scharfes Schwert, den Feind zu brechen. Und schwarzes Brot, mit dem Freund zu brechen. Den Treueeid, der nie zu brechen. Solange die Sonne scheint. Solange die Zeit fließt. Solange die Sterne das Schicksal bestimmen. Eins seid ihr. Eine Seele. Ein Leib. Ein Land. Mensch und Drache.

Innschrift über dem Innentor der Zitadelle