Dies geschah während eines der letzten Angriffe der Armee der Dunklen Götter Schaabs auf Tart. Gartim Belandar war ein Schwertkämpfer, dessen Einheit direkt in einer Enge der Kmergebirge lagerte, um den zerstreuten Einheiten der feindlichen Armee den Weg in die Tiefe des Kontinents abzuschneiden. Zwei kurze Habichtrufe von einem der oberen Fesvorsprünge zwangen Gartim und seine Kameraden, die sich gerade mit einer Partie Ikarimwürfel die Zeit vertrieben, von ihrem Spiel abzulassen. Dieses Signal des Wachhabenden bedeutete, dass sich jemand dem Lager nähert. Bald sahen die Krieger in der Ferne einen einsamen Wanderer, der sich ihnen von der Schlucht Knos her schnell näherte.
Wenn die Soldaten erst neugierig waren auf den Unbekannten, der es wagte, allein in einer solch gefährlichen gegend umherzuwandern, so wich diese bald dem Erstaunen und sogar der Unruhe. Je näher der Unbekannte kam, desto größer wurde die Unruhe. Der Wanderer sah finster aus, seine Kleidung war von Dornen und verschlungenen Symbolen geschmückt, an seiner Seite hing ein Foliant, der an Magie denken ließ, in der Rechten hielt er einen merkwürdig geformten Stab, dessen Spitze in einem hellblauen Licht leuchtete. Was aber den Kriegern am meisten zu denken gab, waren die unnatürlich rot leuchtenden Augen des Fremden.
Der Wanderer war schon ganz nah. Aud den Anruf stehenzubleiben und sich vorzustellen reagierte er nicht, er ging immer weiter, mit sicherem Schritt, die roten Augen, die nie zu blinzeln schienen, weiter nach vorne gerichtet. Die Krieger blickten fragend ihren Kommandeur an, den Decurio Taudal. Mit einer kurzen, kaum wahrnehmbaren Geste gab dieser den Befehl. Die Sehnen der sich spannenden Bögen knarrten, vier Pfeile pfiffen durch die Luft, um den Unbekannten am Kopf und Hals zu treffen. Ihr Ziel aber erreichten sie nie. Der Wanderer hatte genug Zeit, die linke Hand vor sich in die Luft zu strecken. Die Pfeile stießen auf ein unsichtbares Hindernis und zerbarsten zu Holzpänen.
Taudal zog sein Schwert und und wollte schon aus voller Kehle "zum Kampf!" brüllen, doch der Fremde ließ dies nicht zu. Der Magier änderte seinen Griff um den Stab und richtete ihn gegen die Kämpfer, die Spitze leuchtete blau auf. Belandar schien es, als hätte ein machtvoller Wirbelsturm den Decurio erfasst und ihn zur Erde geschleudert. Dann waren die anderen dran. Keiner der kameraden, selbst die Stärksten und größten unter ihnen, konnte sich auf den Beienen halten. Die Feldzelte riss es aus dem Boden und sie trieben über die Erde wie Puppenhäuser. Eine unüberwindliche Last senkte sich über die Krieger. Sie konnten sich nicht rühren, geschweige denn aufstehen. Hilflos und wehrlos beobachteten sie den Gegner.
Dem mächtigen Zauberer aber stand der Sinn gar nicht nach einem Angriff. Er ging vorüber und stieg vorsichtig über die am Boden liegenden Körper. Als er beinahe hinter einem Felsvorsprung auf der anderen Seite der Passage verschwunden war, blieb er stehen, schwang seinen Stab und löste den Zauber wieder auf. Die Last verschwand, die verwirrten Krieger konnten sich erheben und verwirrte Blicke wechseln. Der Decurio griff zur Feder, entrollte ein Pergament und schrieb eilig einen dringenden Bericht. Er schaffte es aber nicht, ihn zu Ende zu schreiben. Der Habicht schrie dreimal, das bedeutete, dass ein Feind in der Nähe des Lagers gesehen wurde. Vier Schänder-Schwarzmagier in Begleitung einer ganzen Meute von Kreaturen des Abgrunds eilte auf dem selben Pfad entlang, den gerade der Beschwörer mit den rubinroten Augen genommen hatte.
Taudal gab den Befehl, sich kampfbereit zu machen, auch wenn er schicksalsergeben sah, dass die Krieger keine chance haben, es mit vier schwarzen Magiern zugleich aufzunehmen. Plötzlich ertönte in der Luft ein vertrauter Flügelschlag, der die Herzen der Krieger mit Hoffnung erfüllte. Sechs Drachen kreisten über der Enge, um den Verteidigern Luftunterstützung zu geben. Als sie die Änderung des Kräfteverhältnisses sahen, blieben die Truppen Schaabs stehen, doch es war zu spät. Einer der Drachen liess einen Kampfschrei ertönen und alle sechs warfen sich im Sutrzflug zu Boden, um die Invasoren von Tarts Antlitz zu wischen. An jenem Tage war das Schicksal auf Seiten der Bewohner Adans. Bald schon schallten Siegesschreie aus der Schlucht und hallten seltsam über die umliegenden Berghänge.
Die nächste Begegnung Gartim Belanders mit dem merkwürdigen Zauberer ereignete sich nach einem Monat unter ganz anderen Umständen. Der Schwertkämpfer hatte gerade seinen letzten Urlaubstag, als er an der Kreuzung bei der Winzerei ein Gruppe Magier und Beschwörer sah, die einen Händler umlagerten. Asu Neugier trat er der Menge näher und erkannte verblüfft in dem Händler jenen Zauberer, dem er in den Kmerbergen erblickt hatte. Es schien allerdings, als ob sich die anderen Adepten der Magie nicht im Geringsten vom ungewöhnlichen Aussehen des Magiers stören ließen. Der Handel mit Tinkturen und Artefakten lief recht lebhaft.
Als er in eienm der Kunden, die gerade eingekauft hatten, einen ihm bekannten magier erkannte, trat Garim an ihn heran, um ihn zu dem Händler zu befragen.
"Gesundheit wünsche ich, Maldisur! Was ist das für ein seltsamer Zauberer, bei dem du gerade die Tinkturen erworben hast?"
"Ah, Garim, ein langes Leben wünsche ich dir", antwortete der Magier mit einem Lächeln. "Omnimak mal Adintar sieht ungewöhnlich aus, doch was die Fertigkeiten ind en magischen Künsten angeht, kann sich kaum einer mit ihm messen. Die Ware, die er anbietet, erhöht wesentlich unsere Chancen im Konflikt mit den Armeen der Dunklen Götter Schaabs."
"Scheint es dir nicht auch so, als ob er selbst sehr wie ein Bewohner des Abgrunds aussieht?", sprach der Schwertkämpfer und berichtete dem Magier die Geschichte seines ersten Aufeinandertreffens mit Omnimak.
Der Magier hörte sich die Geschichte interessiert an und sprach endlich:
"Ich denke nicht, dass dein Verdacht begründet ist. Schau, wie viele Kenner der Magie hier sind. Denkst du etwa, wir könnten die Verderbnis nicht spüren, die die von Schaab versklavten Wesen verbreiten? Und warum sollte ien Spion Schaabs uns plötzlich helfen?
"Ich weiß es nicht. Doch etwas Finsteres ist an seinem Anblick,seine roten Augen zum Beispiel, schau, solche Augen hat kein anderes Volk Adans!
"Seine Augen sind in der tat ungewöhnlich. Doch das sollte dich nicht verwirren. Schau, jene, deren Pflicht das Ausschau halten ist, beobachten mal Adintar. Wäre er ein Spion, wüssten wir das längst. Verzeih, ich muss los. Ach, übrigens...", der Magier hielt inne und schaute sich ein nicht geflicktes Loch in der Seite von Belanders Panzerung an, ein andenken an ein Scharmützel gegen einen Trupp Hammerschwinger neben dem Teich der Trauer. "Warte nicht zu lange mit der Reparatur der Rüstung. Es sieht aus, als werde an Neumond die Armee Schaabs erneut in Tart einfallen."
Der Schwertkämpfer starrte mit vor verblüffung geöffnetem Mund.
"Wie kommst du an so eine exakte Prophezeiung?"
Der Magier deutete mit den Augen auf Omnimak.
"Ich muss nun wirklich los, Garim! Bis bald". Der Magier neigte leicht den Kopf und ging wieder seinen Geschäften nach.
Das Gespräch hatte die Zweifel des kreigers mitnichten zerstreut Er drehte sich um und schaute sich den Magier wieder an. Omnimak mal Adintar sah von seiner Unterhaltung mit einem Kunden auf und sein Blick traf den von Belander. Dem Schwertkämpfer wurde es flau im Magen. Er drehte sich um und beeilte sich, wieder in die Taverne zu gehen, in der er sich einquartiert hatte. Allerdings hat er nichts, was im entferntesten an Wut erinnerte, von dem Magier gespürt. Der Eindruck aber, als sei der Zauberer auf mysteriöse Weise mit der Welt des Abgrunds verbunden, verfestigte sich nur noch mehr in seinem Verstand.